13 März 2006

Welke Blätter 2

Ich war wohl etwas voreilig, bei den letzten Welken Blättern. Natürlich kann man im Netz rauhe Mengen spitzfindiger Anekdötchen über alle möglichen Leute finden, wenn man die üblichen Suchmaschinen anschmeisst. Es kann allerdings auch vorkommen, dass Leute, die vor zwei oder drei Jahren noch präsent waren, auf Nimmerwiedersehen verschwinden... Sehr beunruhigend...

Heather zum Beispiel. Das war noch aus der Zeit, Anfang der Neunziger, als ich in einer Kölner WG wohnte, sechs Leute, drei Männlein, drei Weiblein. Heather gehörte zum Bekanntenkreis von Jochen dem Drummer. In Wirklichkeit hiess sie nicht Heather, sie war glaube ich kenianischen Ursprungs und adoptiert worden, andererseits klang Heather wesentlich cooler, wenn man Sängerin in einer Soulband war, den Soul Suckers. Die Band hatte lokale Berühmtheit erlangt - und dabei sollte es auch bleiben. Es reichte aber immerhin für eine Live-CD.

Gerade live war die Band ausgesprochen gut, nicht zuletzt wegen Heather, die, wenn sie einen Klassiker wie "I've Been Loving You Too Long" darbot, sich dermassen ins Zeug legte, dass der Gänsehauteffekt bis zum nächsten Wochenende anhielt. Sie wusste Bescheid. Wenn sie mal einen Fernsehauftritt als Background-Sängerin für irgendeinen längst vergessenen Typ hatte, tat sie das mit der erforderlichen Coolness, warf mal beispielsweise mitten im Einsatz einen Blick zur Seite, so, als passierte gerade was im Off - in Wirklichkeit war da nix, aber so demonstrierte sie a) dass sie ihren Job beherrschte und b) dass sie sich erlauben konnte, sich während der Aufnahme ablenken zu lassen. Und c), dass das Schicksal des Knallkopps im Scheinwerferlicht ihr am Arsch vorbeiging.

Einige Zeit später wurde in der WG ein Zimmer frei, und Heather zog ein. Da sie chronisch Pleite war und es mit der Miete auch sonst nicht so genau nahm, mussten gelegentlich sog. klärende Gespräche statt finden. Irgendwann hatte Jochen und ein paar andere Kumpels mit ihr eine Cover-Version von "Streets of London" produziert, die allerdings auch nicht abhob. Es reichte damals, schwarz zu sein und in angesagten Kneipen herumzuhängen, um irgendwelche Sonntagsproduzenten anzulocken, die nach einem eingehenden Casting ("Singste?") auf einen intergalaktischen Hit hofften.

Irgendwann bin ich ausgezogen und habe Heather aus den Augen verloren. Die Soul Suckers gibt es längst nicht mehr; eine verwaiste Website zeugt noch von ihrer Existenz. Jahre später hat Heather eine weitere Maxi-CD aufgenommen. Dann verlieren sich die Spuren.

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