05 Dezember 2006

Mässig

Wie Ihr vielleicht nicht wisst, haben wir in Mexiko einen neuen Präsidenten. Na gut, eigentlich haben wir sogar zwei neue, einen "gewählten" und einen "rechtmässigen", aber eben keinen "rechtmässig gewählten" (bitte stellt keine weiteren Fragen, die Sachlage ist schon kompliziert genug).
Das Problem war dann, den "Gewählten" zu vereidigen, denn die Fans vom "Rechtmässigen" wollten bei der Zeremonie so richtig die Sau rauslassen, und die Fans vom "Gewählten" wollten sich das nicht bieten lassen. In Anbetracht des vorhersehbaren Schlamassels entschied man sich, die Vereidigung klammheimlich zu vollziehen, um Schlag zwölfe und dort, wo sich Fox und Has' "Gute Nacht" sagen. Wie unfassbar romantisch. Fernsehmenschen waren trotzdem mit dabei, denn die Fernsehmenschen sind meistens Fans vom "Gewählten", eben drum. Naja, und jedenfalls erschien tags drauf ein gut gelaunter "Gewählter" in der Deputiertenkammer, denn er war ja schon vereidigt, ätschibätsch, und die Fans vom "Rechtmässigen" fanden das echt voll gemein.

Benachbarte und weniger benachbarte Staaten hatten eine Vertrauensperson geschickt. Frankreich zum Beispiel schickte Gilles de Robien. Den Bildungsminister. Aha. Okay. Was da wohl des Pudels Kern war? Die Gelegenheit einer kleinen erzieherischen Massnahme im mexikanischen Parlament, sozusagen en passant? Nein. Alles verlief ganz anders, nämlich:

Chichis allerkürzeste Abenteuer mit den Mimis (neue Folge)
Chirac: So, herhören. Wir brauchen jemand, der nach Mexiko fliegt. Wer will?
Minister: Ich!... Chef, ich!... Nee, ich!... Wieso du?.... Du warst schon mal!... Gar nicht wahr!... Wohl wahr!...
Chirac: Okay, langsam. Wir machen's so: Ich stell euch eine Frage, und der Erste, der die richtige Antwort gibt, darf hin. Alles klar?
Minister: Öh...
Chirac: Welche Farbe haben blaue Augen?
Minister: Rot!... Schwarz!... Gelb!... Grün!... Butter!... Heinz Rühmann!...
Chirac (fühlt sich plötzlich müde): Gut, is nich schlimm. Gilles, du fliegst.
Minister (ausser Gilles): BOAH WIE UNFAIR!
Vorhang. Schlussmelodie.

03 Dezember 2006

Der Hahn ist doch nicht tot

Schlaue Frage von Anayali, heute im Schreibkurs: Wieso ist eigentlich der Hahn das Wappentier Frankreichs? Hahaaa! Gute Frage! Ich würde sogar sagen: ausgezeichnete Frage! Ich danke dir recht herzlich für diese Frage. Schweigen. Noch mehr Schweigen.

Also gut, was soll ich antworten? Den alten Gag bringen? "Weil der Hahn der einzige Vogel ist, der auch dann noch singt, wenn er mit den Füssen tief in der Scheisse steckt"? Oder den etymologischen Holzweg beschreiten, lateinisch "gallus", was sowohl "Gallier" als auch "Hahn" heisst. Nee, eben nicht. Die Römer, die weit weniger sponnen als Obelix es wahrhaben wollte, haben den werten Vorfahren einen Bärendienst erwiesen: zwischen "gallus"-Gallier und "gallus"-Hahn besteht kein Zusammenhang, nur eben dieses naheliegende Wortspiel. Witzbolde. Und seitdem muss man sich als legitimer Nachfahre mit dem dämlichen Federvieh herumschlagen.

02 Dezember 2006

Ghost of Christmas Past

Carlos ist wieder aufgetaucht. Carlos kommt, Carlos geht, doch seit seinem letzten Verschwinden sind immerhin anderthalb Jahre verstrichen. Währenddessen verstaubten bei uns in der Wohnung seine Gitarre und sein Amp.

Das letzte Mal, dass ich mit einiger Inbrunst auf sein Auftauchen hoffte, das war im Juni 2005. Wir sollten ihm Rahmen eines Festivals ein Konzertchen geben, er an der Gitarre, ich am Keyboard. Zwei Stunden vor dem Gig teilte ich den Organisatoren schliesslich mit, dass es wohl nicht unvernünftig wäre, eine Ersatzband aus Ferner-Liefen-Beständen herbeizukarren. Da ich am selben Tag und am selben Ort ein Konzert mit einer anderen Band hatte, konzentrierte ich mich eben da drauf.


Lange her, und heute steht er bei mir im Wohnzimmer. Und, wie isses, was geht ab? Ob er noch 'ne Band habe? So mehr oder weniger, sagt er, ab und an mache er was mit einem anderen Gitarristen, und selbst? Nö, nix, völlig muerto pantalón. Vielleicht, meint er, könnten wir ja was im Februar auf die Beine stellen... Klar, cool, meld dich einfach.

Wir benutzten mein Wohnzimmer als Proberaum, Carlos, Adrián und ich (von links nach rechts auf dem Photo). Später gesellte sich noch Juan Carlos mit seinen Bongos hinzu. Die Songs stammten ausschliesslich aus Carlos' Feder. Der Rest von uns überlegte sich Arrangements dazu. Also, lieber Piano- oder Orgelsound? Ein paar Streicher drauf? Nee, hatten wir schon bei Cuando las cosas cambian. Und die zweite Gitarre, lieber Arpeggien oder Akkorde? - Im Laufe der Proben nahm der Song allmählich Form an, es gab, zumindest spürten wir es, ein paar lichte Augenblicke, als wir wussten: der Song steht, bis hierhin und nicht weiter.


Wir gaben einige Kneipenkonzerte. Ich hatte nebenbei über einen befreundeten Studiomenschen fast den Deal klargemacht: eine Aufnahme-Session wie sich's gehört, mit dem Ziel einer CD in Eigenproduktion. Doch dann verschwand plötzlich Adrián sang- und klanglos, Juan Carlos hatte keine Lust mehr und Carlos, mit dem ich die Fortsetzung als Duett plante, war dann auch weg. Nur, wie gesagt, Gitarre & Amp blieben zurück, was immerhin ein Wiedersehen ahorita versprach. Und so laufen die Dinge nun mal, in Mexiko.