Manche Zeichen trügen nicht. Élodie zum Beispiel, die mir an diesem Samstagnachmittag mit leuchtenden Augen zuflüstert: "Noch eine Stunde und fünfzehn Minuten, und wir haben Urlaub!" Wir sind im Institut, und es finden die letzten Kurse vor den zweiwöchigen Osterferien statt. Wir immer haben alle die Nase voll von der Arbeit, als ob die nahenden Ferien reale oder erdachte Müdigkeit legitimierten. Von den Studis haben komischerweise die wenigsten blau gemacht, dabei ist es eine wohlbekannte Tatsache, dass die Hauptstädter während der semana santa ausschwärmen. Für die Dagebliebenen bedeutet das folglich mehr Lebensqualität: weniger Verkehr, weniger Abgase, Taxis wann man will, keine Wartezeiten in Restaurants. Für einige Tage wirkt die Stadt ungemein gelassen, wie hier in der Strasse, in der wir wohnen:
Inzwischen ist es Abend, ich habe offiziell Urlaub und schüttle den Stress der vergangenen Tage von mir ab. Die Strasse sehe ich nun mit anderen Augen, eine Fülle alltäglicher Details erschliessen sich mir. Don Cruz lehnt gedankenversunken mit dem Rücken an einem Wagen, den er gerade gewaschen hat. Don Ray, sein Helfer, wirft mir grinsend einen wissenden Blick zu (obwohl ich immer noch nicht weiss, auf welches Wissen er anspielt und ob dieses Wissen ein Grinsen rechtfertigt). Etwas weiter hinten unterhalten sich die Taxifahrer auf ihrem sitio, warten auf eine Meldung der Zentrale. Blätter fallen, Zweige spriessen, Grünzeug grünt - hier machen die Bäume, was sie wollen, jeder entscheidet für sich, ob Frühling, Sommer oder Herbst ist. Etwas später geht einer der Nachbarn mit seinen beiden Labradors Gassi. Und mit seinen beiden grünen Papageien, einen auf jeder Schulter. Alle da, alles in Ordnung...
08 April 2006
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